HELMUT MAHR
Die Roßtaler Kirche und ihre Filialen
Die heutige Roßtaler Kirche hat drei Filialkirchen: in Buchschwabach, Buttendorf und Weitersdorf, wobei die beiden letztgenannten eine Reihe von Gemeinsamkeiten aufweisen, die hier vorweg behandelt werden sollen. Beide Kirchen waren ursprünglich Kapellen, die in späterer Zeit durch Umbauten erweitert wurden. Kirchenrechtlich unterschieden sie sich im Mittelalter von der Mutterkirche in Roßtal dadurch, daß ihnen kein Begräbnisrecht zustand und daß in ihnen in vorreformatorischer Zeit die Messe, mit Ausnahme am Kirchweihtag, nicht gesungen, sondern als Frühmesse still zelebriert wurde. Beide verdanken ihre Entstehung Reichsministerialengeschlechtern, die Buttendorfer Kapelle den 1132 zum erstenmal genannten und über 300 Jahre nachweisbaren Herren von Buttendorf, die Weitersdorfer Kapelle den Adelsherren gleichen Namens, die von 1234 bis 1418 in unserem Raum urkundlich erfaßbar sind. Beide Kapellen sind dem hl. Ägidius geweiht. Da die Verehrung dieses Heiligen erst durch den Stauferkönig Konrad III. um 1150 mit der Gründung des Nürnberger Schottenklosters in unseren Raum kam, sind Kapellengründungen unter diesem Patrozinium nicht vor diesem Zeitpunkt wahrscheinlich. Sicher stehen beide Kapellen durch ihr Patrozinium mit der Nürnberger Gründung Konrads III. in Beziehung, denn beide Ministerialengeschlechter hatten nachweisbar als Reichsbeamte Verbindung zum staufischen Herrscherhaus, das unter Konrad III. begann, die Waldlandschaft westlich der Rednitz für das Reichsgut zu erschließen und nutzbar zu machen.
Weitersdorf
Gründung und Errichtung dieser Kapelle dürften zurückgehen auf die 1234 zum erstenmal genannten Reichsministerialen von Weitersdorf (1). Da sie sich nach dem Ort benannten, ist anzunehmen, daß ihnen dort ein befestigter Sitz, vermutlich eine Turmhügelburg, gehörte, deren genaue Lage wir heute nicht mehr eindeutig bestimmen können. In der Regel lagen jedoch ritterlicher Gutshof, Burg und Kapelle auf einem Grundstückskomplex eng beieinander. Wir können ihn auch für Weitersdorf aufgrund seiner heute noch faßbaren landwirtschaftlichen und baulichen Einheit und der Voraussetzungen für die Wehrtechnik zur Zeit der Entstehung dieser Burg in dem Gelände westlich der heutigen Kirche erschließen. In diesem Bereich lag der Rittersitz, ebenso wie der am 16.3.1339 von Götz von Weitersdorf an den Nürnberger Bürger Jacob Gramer verkaufte Hof, den die außergewöhnliche Höhe seiner Abgaben, darunter 5 Sümer Hafer (1 Sr = 318 l), als ritterlichen Gutshof ausweisen (2).
Die aus dieser Kapelle hervorgegangene heutige Kirche steht an der nach Norden hin steil abfallenden Hangkante einer von Osten nach Westen verlaufenden Senke. Wann sie gegründet wurde, ist nicht mehr eindeutig nachweisbar. Da die Herren von Weitersdorf bereits 1339 ihren Besitz im Ort aufgaben - die Familie geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten und verarmte -, ist anzunehmen, daß die Kapelle als ihre Gründung schon vorher entstand.
Aufgrund der noch vorhandenen Bausubstanz und detaillierter Planzeichnungen des Baumeisters Johann David Steingruber aus dem Jahre 1767 lassen sich mit Sicherheit drei Bauabschnitte an der Weitersdorfer Kirche nachweisen. So zeigt uns Steingrubers Plan (3) das heutige Langhaus, dessen sehr starkes Sandsteinmauerwerk noch auf der Nord-, West- und Südseite des Gebäudes erkennbar ist. Der Mauertechnik nach haben wir es hier mit einem Bauwerk des 13. Jahrhunderts zu tun, wahrscheinlich mit der ursprünglichen Kapelle beim Rittersitz, wie wir sie in dieser Form - mit oder ohne Apsis auf der Ostwand - auch für Buttendorf, Seckendorf, Altenberg und Leonrod bei Burgen dieser Frühzeit nachweisen können. Ein kleiner Turm mit Chorgeschoß liegt aber auch im Bereich der Möglichkeit. Die Kapelle war im aufgehenden Mauerwerk niedriger als heute und trug wahrscheinlich eine Balken- oder Bretterdecke. Fenster aus dieser ersten Bauphase sind auch auf Steingrubers Zeichnung nicht zu finden, denn das von ihm im Plan eingezeichnete und in seinem Bericht erwähnte Spitzbogenfenster der Südwand - damals das einzige im ganzen Raum - stammt bereits aus späterer Zeit.
Die Kapelle muß dann in einer weiteren Bauphase entweder um einen Turmbau an der Ostwand erweitert worden sein, oder der bereits vorhandene Turm wurde aufgestockt. Diesen spitzbehelmten Turm mit einem einzigen schießschartenähnlichen Fenster in der Ostwand des Untergeschosses, einem Mauersockel, dem ringsumlaufenden Wasserabschlagstein in halber Höhe und dem mit Brettern verschlagenen Obergeschoß - wohl nicht mehr aus Steinen, sondern in Balkenkonstruktion - zeichnet Steingruber 1767. Zugleich müssen bei diesem Umbau auch die Langhausmauern aufgestockt worden sein, denn nur so erscheint der Emporeneinbau möglich. Eine spätgotische Vierseitstütze am Südende der Westempore wies bis vor kurzem in Flachschnitzerei einen Kelch, das Weitersdorfer Wappen und eine stilisierte Blattfigur auf. Sie wurde ausgewechselt und zeigt jetzt irrtümlich den schwarz-weiß gespaltenen Wappenschild der Brandenburger. Somit dürfte dieser Umbau im 14./15. Jahrhundert stattgefunden haben, zumindest noch in der Zeit vor der Reformation, worauf auch die auf der Innenseite der Nordwand freigelegten Weihekreuze hindeuten. Die Kirche hatte damals auch einen Seitenaltar unmittelbar neben dem gotischen Spitzbogenfenster der Südwand, auf dessen Sandsteinplatte nach Steingrubers Bericht 1767 die Kanzel errichtet war, wie anzunehmen ist, nach der Reformation. 1532 erfahren wir, daß in der Kapelle jährlich fünf Gottesdienste stattfinden, am Tage Nicolai (6.12.), am Tage Petri (verm. 19.6.), am Tage Martini (11.11.), am Tage Mani (Manifestatio Domini = 6.1.), „…undt die Suntags Kirba ann Sontag nach Egydi“ (1.9.)… (4), womit das Ägidiuspatrozinium für diese Kirche festzulegen ist. Auch im 18. Jahrhundert wurde das Gebäude - laut Steingrubers Bericht - noch für Gottesdienste genützt, und der Ing. Offizier Vetter zeichnet auf seinem Plan des Amtes Cadolzburg 1740 Weitersdorf auch mit einer Kirche in Ansichtszeichnung ein.
1767 wurde Johann David Steingruber zur Besichtigung beauftragt. Er lieferte einen detaillierten Bericht und schlug neben einer gründlichen Erneuerung vor, den Turm um ein Geschoß abzutragen, die Glocke tiefer zu hängen, in die Südwand ein großes Fenster einzubrechen und den Emporenaufgang neu zu gestalten. Aus Geldmangel - Steingruber hatte ca. 320 Taler veranschlagt - kam es aber nicht zur Instandsetzung des damals schon sehr schadhaften Gebäudes. 1819 wurde dann die baufällige Kirche um 350 fl auf Abbruch versteigert, jedoch nach einer Renovierung durch die Gemeinde am 6. September 1828 wieder geweiht (5).
Bei dieser Renovierung wurden schwerwiegende Veränderungen vorgenommen. So kam es zum Abbruch des Turmes und an seiner Stelle zum Anbau des querrechteckigen Altarraumes mit seinen drei Fenstern, wie wir ihn heute noch sehen. Zugleich wurden in die Südwand des Langhauses die heute noch vorhandenen Fenster eingebrochen, um dem Raum auch dort mehr Licht zu geben. Das bereits in Steingrubers Bericht genannte kleine Glöcklein fand nun seinen Platz in einem achtseitigen Dachreiter mit welscher Haube, wurde aber 1869 durch eine neue Glocke ersetzt. Das Werk der heutigen Schlaguhr kam 1925 dazu. Die heute auf der Nordseite noch durch den Putz sichtbaren neugotischen Blendfenster und die neugotische Fassung des bereits in der ursprünglichen Kapelle an dieser Stelle nachweisbaren Portals stammen aus der Zeit kurz nach 1900. An der Nordfront neben dem Portal finden wir einen Stein mit dem Wappen der Herren von Weitersdorf, wie es auch auf einer Grabplatte in der Ritterkapelle Heilsbronn zu sehen ist (6). Das Geschlecht war 1418 mit Johann von Weitersdorf ausgestorben. 1430 ist die Rede von 4 Talenten für den Grabstein des Johannes de Weytersdorff (7).
Das Wappen der Familie zeigt einen schwarzen absatzlosen Stiefel, eigentlich den damals üblichen ledernen Strumpf, auf silbernem Grund. Darüber steht die fünfzackige goldene Blätter- oder Laubkrone mit ihren drei sichtbaren Blattornamenten, den sog. dreiteiligen Fleurons. Diese Krone war ursprünglich dem König vorbehalten, wurde aber später als Freiherrnkrone zum Adelszeichen.
Lederstrumpf oder Stiefel gelten bei einer reichen mittelalterlichen Schuhsymbolik im Märchen und im Volksrecht als Zeichen des Besitzes und der Herrschaft. Da in der Heraldik Figurenfarben im Rang vor den Feldfarben kommen, geht das Weitersdorfer Wappen auf die kaiserlichen Farben Schwarz-Gold zurück und deutet somit auf Reichsministerialität und Reichslehensbesitz hin, wie er für den Ort auch durch das Bergsche Reichslehensbuch (8) nachzuweisen ist. Die Kirche enthält keine Kunstwerke. Der Kanzelkorb dürfte aus dem 18. Jahrhundert stammen. Der Taufstein ist neugotisch.
Weitersdorf 1 Schuhmann-Hirschmann, Urkundenregesten des Zisterzienserklosters Heilsbronn 1,54 2 Stadtarch. Nürnberg UR 1339 März 16/1 3 StA Nürnberg Staatsplansammlung, 14.2.1767 Weitersdorf 4 StA Nürnberg Rep. 122 Salbücher Nr. 88 v. 1532 Roßtaler Gerichtsordnung 5 Pfarrbeschreibung Roßtal 6 G. P. Fehring, Bayer. Kunstdenkmale, Stadt- und Landkreis Ansbach, Heilsbronn, S. 108 7 Adolf Rohn, Heimatbuch v. Roßtal, 1928, S. 9, und G. Muck, Geschichte von Heilsbronn, 1879,8.137 f 8 Bergsches Reichslehensbuch
Buttendorf
Die Kirche in Buttendorf steht eindeutig in Verbindung zum ortsansässigen Adelsgeschlecht der Herren von Buttendorf und ihrem Rittersitz, einer Turmhügelburg, deren letzte Reste erst 1857 abgebrochen wurden (1).
Die heutige Kirche geht hervor aus einer Kapelle beim Sitz dieser Reichsministerialen, die 1132 mit Gernot von Buttendorf und seinem Sohn Rudolf zum erstenmal (2), 1465 mit Hans von Buttendorf zum letztenmal genannt werden (3). Sie ist 1414 als St. Ägidienkapelle wie die zu dieser Zeit bereits in Trümmern liegende Burg im Besitz des Burggrafen von Nürnberg, der Patronatsherr ist (4). Wir wissen nicht, wann und aus welchen Gründen es zu einem Besitzwechsel von den Buttendorfern zu den Burggrafen kam.
1430 erfahren wir, daß die Kapelle der Pfarrei Roßtal untersteht (5), deren Kaplan damals dort die Frühmesse hält und ein Altarbenefizium hat (6). Beim Übergang von der katholischen zur evangelischen Gottesdienstpraxis in der Reformationszeit verfaßt 1530 der damalige Buttendorfer Frühmesser Sutor im Auftrag Roßtaler Honoratioren eine Klageschrift gegen seinen Pfarrer Thomas Appel in Roßtal. Darin wird Appel u. a. auch vorgeworfen, er habe in der Buttendorfer Kirche bei der Abendmahlsfeier nicht Hostien, sondern Semmelbrot verwendet (7).
Zu dieser Zeit (1532) finden in Buttendorf anstatt der bisherigen täglichen Frühmessen - der Frühmesser wohnte im Ort, der Kirche gegenüber - nur noch zwei Gottesdienste statt: am Sonntag nach Jacobi (25.7.) - daher später die irrige Annahme, es handle sich um eine Jacobuskirche - und am Ägidientag (1.9.), dem echten Kirchweihtag (8).
Zwei Bauphasen sind an der heutigen Kirche eindeutig erkennbar. So besteht die Süd-, West- und Nordwand des im 14. Jahrhundert errichteten Langhauses aus unregelmäßigen, unterschiedlich großen Quadern, die ohne Sockel aus den Fundamentsteinen glatt bis zum Dachansatz emporstreben. Wie die Ostwand gestaltet war, ob mit Altarnische, Apsis oder glatter Mauer, ist nicht erkennbar. Möglicherweise stammt ein kleines Rundbogenfenster der westlichen Südwand aus dieser Zeit, ebenso wie das Rundbogenportal. Wahrscheinlich hatte die Kapelle eine Balken- oder Bretterdecke.
Noch in vorreformatorischer Zeit, wie ein Weihekreuz innen an der Nordwand des Chores belegt, kam es zum Choranbau, der eingemeißelten Jahreszahl außen an der Südwand zufolge 1510. Die Ostwand wurde abgebrochen - Bruchstellen außen noch sichtbar -, ist jedoch in ihrer Mauerstärke durch links und rechts in den Kirchenraum hereinragende Mauerteile noch erkennbar, während die schwächeren Chormauern mit profiliertem Sockel und vorkragendem Traufgesims gegenüber den stärkeren Langhausmauern außen um ca. 20 cm zurücktreten. Ein gedrückter gotischer Spitzbogen, im unteren Teil bis zum Bogenansatz älter - was für eine ursprüngliche Apsis spricht -, steht am Übergang vom Langhaus zu dem um eine Stufe erhöhten, fast quadratischen Chor mit seinem Kreuzrippengewölbe, das eine Rosette abschließt. In den Ecken der Ostwand hält je ein Wappenschild die vom Gewölbe herabführenden Kehlrippen. Im Chor steht der mittelalterliche Altar mit quadratischer Reliquiennische und ausladender Sandsteinplatte. In der Chorsüdwand großes zweigeteiltes Rundbogenfenster. Am südlichen Mauerrücksprung zwischen Chor und Langhaus Reste ursprünglicher Freskenbemalung: Heiligenkopf mit Nimbus und Kleeblattkreuz. Dort findet sich auch ein ehemaliger Seitenaltar, auf dessen Sandsteinplatte im 18. Jahrhundert die Kanzel errichtet wurde.
1779 kam es, der Inschrifttafel an der Südwand des Langhauses zufolge, zu einem Umbau, bei dem wohl die Rechteckfenster der Südwand eingebrochen wurden. Die Errichtung der Emporen, ebenso wie die des Dachreiters mit Glocke und zwei Schlagschellen für das Uhrwerk, ist zeitlich nicht mehr festzulegen. Das Gebäude ist mit einem Walmdach gedeckt, das im östlichen Teil unter einem vorspringenden First das Zifferblatt der Uhr trägt. Renovierungen fanden laut Inschrift auf der Emporensüdwand 1851 und 1957 statt.
1 G. Muck, Geschichte v. Heilsbronn, 1879, l, S. 39 2 Schuhmann-Hirschmann, Urkundenregesten des Zisterzienserklosters Heilsbronn I, l 3 siehe l 4 Paul Schöffel, Der Archidiakonat Rangau, Jahrb. f. frank. Landesforschung 5, 1939, S. 132-175;S. 164 5 siehe 4 6 siehe 4 7 450 Jahre ev. Predigt in Roßtal, ev. Kirchengem. Roßtal, S. 5 8 StA Nürnberg Rep. 122 Salbücher Nr. 88 v. 1532, Roßtaler Gerichtsordnung Bl. 33
Die Filialkirche in Buchschwabach
Der Name wird zum erstenmal in der Schwabacher Markbeschreibung des Regensburger Klosters St. Emmeram erwähnt, die zwischen 792 und 816 entstand (1). Die Formulierung „…ad caput Puchsuapaha…“ … bis zum Ursprung der Buchschwabach … zeigt, daß nur das Gewässer gemeint ist. Der Ort kam später dazu und wird nach dem Bach genannt.
Von einer Kirche im Ort hören wir zum erstenmal in den Nürnberger Ratsaufzeichnungen aus dem Krieg der Stadt gegen Markgraf Albrecht vom 2. Juni 1449 bis 3. April 1450. „… do verbranten die von Kadoltzburg und die von Roßstal daz wirdig gotzhaus zu Puchswabach und beraubten auch daz an aller gezierde, so fürten die von Windspach die glokken von Puchswabache heim gen Windspach ...“ (2).
Die Kirche dürfte jedoch bedeutend älter sein. Sie ist Maria Magdalena geweiht, einer Heiligen, die als Person nicht eindeutig festzulegen ist. Namen und Daten verschiedener Frauen des N. T. sowie spätere Legenden, so z. B. der Maria von Magdala (Mk. 16, 9), vor allem aber der Sünderin, die Christi Füße salbte (Lk. 7, 37 f.), wurden später auf eine Person vereinigt.
Das Patrozinium dieser Heiligen ist selten in unserem Raum. Nur in Nürnberg gab es - 1246 nachweisbar (3) - eine Kirche gleichen Namens des Maria-Magdalenen-Ordens der Reuerinnen, der 1278/79 in Nürnberg in den St.-Klaren-Orden umgewandelt wurde, weil ihm und einigen anderen Orden das Konzil von Lyon 1274 die Aufnahme von Novizen verboten hatte. Dieser Konzilsbeschluß wurde aber später widerrufen. Hier liegt möglicherweise der Schlüssel, das Alter der Magdalenenkirche in Buchschwabach zu bestimmen. Nach dem Bergschen Reichslehensbuch war der Ort im Besitz dieser Reichsministerialenfamilie aus Zirndorf-Altenberg, die in der Person des Eberhard von Hertingsberg 1279 das aus dem Magdalenenkloster hervorgegangene Klarakloster Nürnberg durch großzügige Güterübertragungen förderte. Die Bergs hatten aber auch enge Beziehungen zum Magdalenen-Orden vor dessen Umwandlung 1278 und dürften wohl als Stifter der Magdalenenkirche in Buchschwabach vor diesem Zeitpunkt in Frage kommen.
1432 wird Buchschwabach bereits als Filiale von Roßtal bezeichnet (4). Die Kirche hatte kein Begräbnisrecht. Der heutige Friedhof um die Kirche wurde erst 1863 angelegt, 1902 erweitert, wenn gleich Teile der Mauer um die Kirche noch aus mittelalterlicher Zeit stammen. 1532 wurden in Buchschwabach jährlich drei Gottesdienste abgehalten: am Stephanstag (26.12.), an Maria Magdalena (22.7.) und am Sonntag vor Laurentium (Laur. 10. 8.), wobei der Kirchweihschutz an Maria Magdalena dem Amt Roßtal, also dem Markgrafen, zustand (5). Die Kirche liegt nordwestlich der Bundesstraße in halber Höhe an einem von Norden nach Süden abfallenden Hang und ist durch den Chor des 19. Jahrhunderts nach Nordwesten gerichtet.
Die heutige Bausubstanz läßt drei Bauphasen erkennen. So ist das wahrscheinlich aus dem 13. Jahrhundert stammende Chorgeschoß des Turmes ältester Bauteil, von außen erkennbar durch 16 Reihen verschieden großer Steine ohne Zangenlöcher, von innen durch die wulstartigen, im Profil fast kreisrunden Kreuzrippen des quadratischen früheren Chorraumes mit zwei noch vorhandenen Rundbogenfenstern. Auch der kräftige schlichte Rundbogen in der Wand zwischen Langhaus und Chor paßt zeitlich zu diesen Bauteilen, erscheint heute jedoch etwas gedrückt, da das Fußbodenniveau der alten Kirche früher erheblich tiefer lag, was auch aus dem heute zu niedrigen Ansatz der Kreuzrippen in den Chorecken zu schließen ist. Der flache Schlußstein trägt als Freskenbemalung das Bild des Gotteslammes, wie auch die vier Felder zwischen den Kreuzrippen mit Fresken (14. Jahrhundert) bemalt gewesen sein dürften, wahrscheinlich mit den Symbolen der vier Evangelisten, wovon eines, der geflügelte Markuslöwe, noch sichtbar ist. Bis 1882 stand der Altar in diesem als Chor erkennbaren Turmgeschoß, auf dessen Außenseite im Osten noch Wetzrillen für das Reiben des Osterfeuers in vorreformatorischer Zeit zu finden sind.
Wahrscheinlich noch vor der Zerstörung des 1. Markgrafenkrieges 1449/50 wurde dann der Turm aufgestockt. Dafür spricht die Form eines auf jeder Turmseite angebrachten Blendfrieses von je sieben dreiteiligen Spitzbogen, wie wir sie auch von den im frühen 15. Jahrhundert errichteten Kirchtürmen von Roßtal (zw. 1408 und 1440) und Zirndorf (1412) her kennen. Aus dieser Zeit stammen auch Konsole und Baldachin für eine heute nicht mehr vorhandene Heiligenfigur am Turm. Ob bei diesem Umbau auch das Langhaus verändert wurde, wissen wir nicht. Eine Ansichtszeichnung der Buchschwabacher Kirche von der Hand des Baumeisters Johann David Steingruber aus dem Jahr 1765/66 spricht mit zwei Rundbogenfenstern und einem Rundbogenportal auf der Südseite eher für ein Gebäude aus der 1. Bauphase, das unverändert erhalten blieb und erst 1882/83 abgebrochen wurde. In diesen Jahren kam es dann in einer 3. Bauphase zur Errichtung des heutigen Bauwerkes mit Langhaus, nach Nordwesten gerichtetem Chor und Sakristei in neugotischem Stil nach Plänen von Prof. Steinsdorf, Nürnberg. Wesentliche Teile des heutigen Bestandes dieser Kirche an wertvollen Kunstwerken stammen aus der Zeit zwischen der Beraubung und Zerstörung im 1. Markgrafenkrieg 1449/50 und der Reformation 1525. Bei einigen älteren Stücken wissen wir nicht, ob sie zum Schmuck der Kirche vor der Verwüstung gehörten oder erst später erworben wurden.
Statuen und Tafelmalerei sind mit Ausnahme des Marienaltars auf drei Heilige ausgerichtet: auf die Kirchenpatronin Magdalena, erkennbar an Salbbüchse oder Ölkrug, auf St. Laurentius erkennbar am Rost, wohl im Hinblick auf das Patrozinium der Roßtaler Mutterkirche, sowie auf Stephanus, dem als Zeichen seines Martyriums Wurfsteine beigegeben werden, mit denen er getötet wurde. So finden wir neben einer Tafel des früheren Magdalenenaltares - Magdalena trocknet dabei Christi Füße und wird dafür als Büßerin im härenen Gewand von Engeln emporgetragen - spätgotische Magdalenenstatuen an der Kanzel und in einem Kastenschrein (1500 bis 1510). Stephanus steht als Figur an der Kanzel, aber auch im Aufsatz des Choraltares, auf dessen linkem Flügel er auf der Innenseite in bemerkenswerter Tafelmalerei abgebildet ist, während der Maler auf der Außenseite auf seine Leidensgeschichte hinweist (1500 bis 1510). Laurentius finden wir in einer Einzelstatue (um 1450), dann wieder in Tafelmalerei auf dem rechten Flügel des Choraltares, der im Kastenschrein eine Kreuzigungsgruppe Nürnberger Herkunft birgt (1500 bis 1510). Die wertvollste Arbeit jedoch ist der Marienaltar mit einer zwar flächigen Darstellung, aber ausnehmend schöner Farbgebung und reich entfalteter christlicher Symbolik auf den Gemälden der Altarflügel. Maler war Hans von Heidelberg, der zur Zeit der Arbeit an diesem Altar 1506 bereits in Nürnberg ansässig war. Er muß damals schon älter gewesen sein, denn zu einer Zeit, in der Perspektive und hochentwickelte Landschaftsdarstellung in der Nürnberger Kunst Eingang gefunden hatten, malte er seine Figuren noch vor Goldgrund mit sparsamen Andeutungen der Perspektive in der Architektur und einer stilisierten Landschaft. Dies läßt den Schluß zu, daß er seine Ausbildung wohl um die Mitte des 15. Jahrhunderts erhalten hat.
Wir finden vier Themen aus dem Marienzyklus, Verkündigung Mariens und Geburt Christi auf der Innenseite des linken Flügels, wobei die fast mädchenhafte Maria mit offenem Haar - der Haartracht der Jungfrauen - auf beiden Bildern die gleiche Kleidung trägt und nach mittelalterlicher Auffassung als Königin des Himmels mit dem königsblauen Mantel gekennzeichnet ist. Ochs und Esel sind nur durch die Farbgebung zu unterscheiden. Der rechte Flügel zeigt die Heimsuchung Mariens, d. h. ihren Besuch bei der Mutter des Johannes, die als verheiratete Frau ihr Haar in einer Haube trägt. Ihre Schwangerschaften aber werden in einer für damalige Begriffe schon alt anmutenden Darstellungsweise vom Maler durch zwei lichtumstrahlte Minifiguren Jesu und des Johannes d. T. auf den Wölbungen ihrer Leiber angedeutet.
Von bemerkenswerter Qualität sind auch die Gemälde auf den Tafelaußenseiten, die hl. Katharina, Jungfrau, Königstochter mit allen Standesinsignien, ihr zu Füßen das zerbrochene Marterinstrument des Rades, in der Hand das Richtschwert, durch das sie dann den Tod erlitt. Neben ihr die hl. Barbara mit dem Kelch, beide aber in reich geschmückter Tracht der Zeit zur Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert, mit Hermelinbesatz, gerüschten Puffärmeln und Spangenschuhen. In der Mitte des Schreins aber steht Maria im Strahlenkranz vor einem blauen Sternenhimmel, Christus auf dem Arm. Die Zuschreibung für den Meister des Marthaaltares ist nicht gesichert. Der Halbmond unter ihren Füßen, Sonnenstrahlen und Sterne weisen sie als sog. apokalyptische Madonna aus, die sich in der Gotik aus dem Bild des apokalyptischen Weibes (Off. 12, l f.) entwickelt. Nicht ohne Grund finden wir an der Kanzel die spätgotische Figur des Erzengels Michael als Seelenwäger (1500), der mit dem Motiv des apokalyptischen Weibes in der Offenbarung in Verbindung steht, da er beim Weltuntergang ihren Sohn rettet.
1 HStA München Schwabacher Markbeschreibung, K. Dinklage, Jahrb. f. frank. Landesforschung 6/7,1941 2 Chroniken d. Fränkischen Städte, Nürnberg, Bd. II, S. 336, Z. 25 f. 3 Stadtarch. Nürnberg, Nürnberger Urkundenbuch Nr. 332 v. 31.12.1246 4 W. Deinhardt, Frühmittelalterl. Kirchenpatrozinien, Erlangen 1933, Nr. 373/374 5 StA Nürnberg Rep. 122 Salbücher Nr. 88 v. 1532 Roßtaler Gerichtsordnung