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Herbst is woarn

Herbst is woarn und mancher Stoar,
der scho in Summer fortgflugn woar,
hat draus sich in der Flur rumtriebm,
gsorgt, daß ka Kärschtn henga bliebm,
stellt widder sich in Därfla ei,
hockt af sein Kubl, pfeift därbei.

Doch laut es nit nach Lust und Freid,
nit su, wie in der Frihjahrszeit,
härt u sich, oals wenn sei klans Herz
a wessert wos vo Abschiedsschmerz
und möcht af Wiedersehgn uns sogn,
bevor ihn fort sei Fligl trogn.

Georg Reichert

Alfred Steinheimer

Die Karriolpostverbindung Roßtal–Ammerndorf

Die Begriffe Postkutsche und Postillion wecken in uns Gedanken an die „gute alte Zeit“, an eine Zeit, die uns, die wir täglich im Straßenverkehr Lärm, Abgase, Hetze und Ärger hinnehmen müssen, als recht geruhsam erscheint. Zu dieser Vorstellung tragen Maler und Zeichner des 19. Jahrhunderts bei, die die Stimmung der ankommenden, rastenden und abfahrenden Kutschen mit den Postillionen in ihren farbenprächtigen Uniformen einfingen, aber auch die Erinnerung an Gedichte von Eichendorff, Lenau, Rückert, um nur einige zu nennen, die in der Postkutsche und dem Postillion das Fernweh, das Abschiednehmen und die Heimkehr besingen.

Diese Zeit der Postkutschenromantik scheint uns lange entschwunden zu sein und doch sind noch keine achtzig Jahre verstrichen, daß man in Roßtal neben der Eisenbahn auch die Personenbeförderung mit der Pferdepost kannte. Mit der Geschichte ihrer Einrichtung wird auch die Kehrseite der Medaille von der „guten alten Zeit“ aufgezeigt, nämlich die Schwierigkeiten, die für die Bewohner von Ortschaften fern einer Bahnlinie bestanden, um eine Reise mit der Eisenbahn antreten zu können.

Einfahrt zum ehemaligen Poststall Roßtal

Einfahrt zum ehemaligen Poststall Roßtal (Oetterichhaus)

Die Eisenbahnverbindung Nürnberg–Roßtal–Heilsbronn–Ansbach–Crailsheim bestand bereits seit dem Jahre 1875, für die Ortschaften Buttendorf, Neuses und Ammerndorf war jedoch keine öffentliche Transportmöglichkeit gegeben, um zu dieser Bahnstation Roßstall – der Ortsname wurde erst 1913 in Roßtal geändert – zu gelangen. Ebensowenig bestand für ankommende Reisende in Roßtal eine Verkehrsverbindung nach Ammerndorf, um von dort mit der Postkutsche Großhabersdorf mit Anschluß nach Heilsbronn oder Cadolzburg mit Anschluß nach Fürth erreichen zu können. Auch mußte die in Roßtal-Bahnhof ausgeladene Brief- und Paketpost mit Boten zu Fuß zu den Orten Buttendorf, Neuses und Ammerndorf verbracht und dort aufgelieferte Post wieder nach Roßtal getragen werden. Die Einrichtung einer Pferdepost, die Personen und Post beförderte, war deshalb eine wesentliche Verbesserung der bestehenden Verhältnisse. Amtlich wurden solche Linien „Karriolpostverbindungen“ genannt, wobei unter dem Begriff „Karriol“ ein leichter einspänniger Pferdewagen verstanden wurde, der in der Regel außer dem Postillion bis zu zwei Personen befördern konnte, sowie für die Aufnahme von Reisegepäck, Briefen und Paketen ausgestattet war.

Archivbild einer Karriole

Archivbild einer Karriole

Den ersten Antrag der Marktgemeinde Roßtal, eine solche „Karriolpostverbindung“ zwischen Roßtal und Ammerndorf einzurichten, lehnt die „Direktion der Königlich Bayerischen Posten und Telegraphen“ am 11. April 1889 mit dem Hinweis ab, daß zahlreiche andere Bedürfnisse nach Einrichtung von Postverbindungen dringlicher erscheinen. Knapp ein Jahr später, am 18. Februar 1899, legt die Marktgemeinde dem Oberpostamt für Mittelfranken – gleichbedeutend der heutigen Oberpostdirektion – erneut ein Gesuch um Genehmigung der genannten Linie vor.

Das Schreiben wird sorgfältig geprüft. Am 28. März 1899 wendet sich das Oberpostamt an das Kgl. Bezirksamt Fürth und „... erlaubt sich um gefällige Mitteilung über den Zustand und Charakter der in Betracht kommenden Straßen ergebenst zu ersuchen.“ Die Antwort des Bezirksbaumeisters erfolgt bereits am 1. April 1899. Er versichert „... gehorsamst, daß die Straße von Roßstall nach Ammerndorf die Eigenschaft eines Gemeindeverbindungsweges 1. Klasse hat, daß dieser Weg durchaus kunstgerecht gebaut und gut befahrbar ist“. Mit der Anfrage an das Bezirksamt erhält auch die Marktgemeinde Roßtal ein Schreiben, wonach der Inhaber der Posthilfsstelle in Roßtal, Herr Maurermeister Johann Georg Birnbaum, erklären soll, gegen welche jährliche Vergütung er die Karriolpostfahrt zu übernehmen „erbötig wäre“. Zur Diskussion steht die Forderung für eine täglich einmalige und eine täglich zweimalige Fahrt von Roßtal-Bahnhof über Roßtal-Markt nach Buttendorf und Ammerndorf, die im ersten Falle über 1200 Mark jährlich und im zweiten Falle über 1600 Mark jährlich lautet.

Johann Georg Birnbaum

Poststallinhaber Johann Georg Birnbaum

Dem Maurermeister Johann Georg Birnbaum war bereits am 1. Juni 1898 die Posthilfsstelle in Roßtal übertragen worden, wo er auch die Aufgaben des Zustelldienstes wahrnahm. (Birnbaum, geboren am 21. 4.1854 in Buchschwabach, heiratete als Ökonom und Maurermeister 1883 Anna Christine Röger aus Bürglein und bewohnte in Roßtal das Haus Nr. 101 [Oetterich-Haus], Birnbaum starb 1921 in Roßtal).

Am 22. April 1899 genehmigt die Generaldirektion der Kgl. Bayerischen Posten- und Telegraphenabteilung I in München die Einrichtung eines Poststalles in Roßtal und die Aufnahme einer täglich zweimaligen Karriolverbindung zwischen Roßtal-Bahnhof und Ammerndorf mit Wirkung vom 1. Juni 1899. Als Vergütung erhält der Posthilfsstelleninhaber jährlich 1200 Mark sowie die Überlassung der anfallenden Personen- und Reisegepäcktaxen. Der „ärarialische Wagen“ wird zugeteilt und verbleibt im Eigentum der Postverwaltung.

Da sich die Bestimmungen geändert haben, wird Herrn Birnbaum eröffnet, daß ihm die Berechtigung zum Tragen der den bisherigen Poststallmeistern und Poststallhaltern gestatteten Uniform nicht mehr zusteht.

Der Vertrag wird am 28. April 1899 vom Kgl. Oberpostamt ausgefertigt und am 9. Mai 1899 von Johann Georg Birnbaum unterzeichnet.

Nach diesen Vereinbarungen hat der Poststallhalter nicht nur für die erforderliche Anzahl Pferde und das nötige Geschirr zu sorgen, er muß auch darüber hinaus die notwendige Anzahl Postillione auf seine Kosten unterhalten.

Für die Einstellung und den Dienst der Letztgenannten gelten nachstehende Vorschriften:

„Als Postillione dürfen nur ortskundige, mit gutem Leumunds- und sonstigen Zeugnissen versehene, im Fahren und Reiten gewandte, nüchterne, bescheidene und wachsame Personen aufgenommen werden, welche mindestens das achtzehnte Jahr zurückgelegt haben. Zur Aufnahme derselben ist die Genehmigung des Kgl. Oberpostamtes erforderlich. Nach erfolgter Genehmigung wird der Postillion verpflichtet und mit einem Dienstbuch versehen. Während ihrer Verwendung im Postdienst haben die Postillione jederzeit die vorgeschriebene Dienstkleidung mit übergehängtem Posthorn zu tragen und müssen des Gebrauches des letzteren kundig sein. Bei den regelmäßigen Postfahrten muß die Beförderung in der in den Stundenzetteln vorgeschriebenen Zeit, bei Estafetten und Extraposten mit der im allgemeinen dafür festgesetzten besonderen Beschleunigung geschehen und werden Versäumnisse jederzeit nach den bestehenden Vorschriften geahndet.“

(Für den Poststall Roßtal sind im Archiv des Postmuseums Nürnberg keine Namensverzeichnisse der Postillione oder Angaben über deren Entlohnung vorhanden. Aus anderen Unterlagen ist jedoch ersichtlich, daß um diese Zeit der Landpostbote [Kategorie D 4] im 1. - 3. Dienstjahr etwas über 80 Mark im Monat und ein Postillion als Dienstanfänger im Jahre 1904 einen Tagelohn von 3,40 Mark erhielt. Im Vergleich zu diesen Einkommensverhältnissen einige Lebensmittelpreise um die Jahrhundertwende:

Angaben jeweils für 1/2 Kilo: Brot 15 Pfennige, Schweinefleisch 60 Pfennige, Weizenmehl 20 Pfennige. Ein Liter Bier kostete 22 Pfennige und 21 Eier 1 Mark).

Roßtaler Karriole

Herr Ludwig Blank, Gasthof Kandel, fand unter alten Fotos noch eine Abbildung der Roßtaler Karriole.
Ob es sich bei dem Postillion um Johann Bär handelt, konnte leider nicht ermittelt werden.

Am 1. Juni 1899 beginnen die Karriolpostfahrten mit den Abfahrtszeiten ab Bahnhof Roßtal um 6.30 Uhr und um 16.00 Uhr und den Rückfahrtzeiten von Ammerndorf um 9.00 Uhr und 18.15 Uhr. Die Fahrzeit dauert jeweils eine Stunde. Der Fahrpreis ist gestaffelt und beträgt 45 Pfennige für die 5 km betragende Wegstrecke Roßtal-Bahnhof–Ammerndorf.

Herrn Johann Schuhmann, Roßtal, Richtersgasse 5, geb. 1887 und bald 94 Jahre alt, ist der Name eines Postillions Johann Bär, von Buttendorf stammend, noch in Erinnerung, der recht gern sein Posthorn benutzte, wenn er mit seiner Karriole vom Bahnhof Roßtal abfuhr und nicht selten von einer Schar Kinder begleitet durch die Richtersgasse zum Marktplatz kutschierte.

Die Einrichtung wirft keinen Gewinn ab. Das Oberpostamt muß schon nach kurzer Zeit die Entschädigung des Poststallhalters Birnbaum auf 1320 Mark erhöhen und bewilligt wenig später ab 1. Juni 1901 ein „Aversum“ von jährlich 1500 Mark.

Der anfangs den Bedürfnissen des Personenverkehrs gerechte Zeitplan genügt im Jahre 1905 den Ammerndorfer Bürgern offenbar nicht mehr. In einem Gesuch vom 26. November 1905, unterzeichnet von Bürgermeister Kolb, Pfarrer Deininger, dem Lehrer und weiteren 33 Gemeindemitgliedern, wenden sie sich an das Oberpostamt in Nürnberg. Ihr Vorschlag zur Änderung des bestehenden Fahrplans beginnt mit folgendem Hinweis:

„Wie dem Kgl. Oberpostamt Nürnberg bekannt sein wird, sind die Karriolfahrten, wie sie gegenwärtig bestehen, für Reisende zu und von Bahnhof Roßstall, sowie in finanzieller Beziehung für die Postanstalt sehr ungünstig und schädigen genannte Anstalt mehr als sie nützen.“ (Die Randnotiz eines Sachbearbeiters des Oberpostamtes auf dem Gesuch bestätigt die Feststellung der Bürger.)

Nach Meinung der Ammerndorfer Antragsteller soll der Karriolfahrplan so geändert werden, daß täglich 3 Fahrten von Ammerndorf ab, und zwar um 5.20, 11.15 und 16.20 Uhr stattfinden und die Abfahrtszeiten von Roßtal wie folgt festgelegt werden: 6.50,12.30 und 17.20 Uhr.

Mit dem Antrag legt auch Franz Anton Krapfenbauer, der als Hilfspostbote bei der Postagentur Ammerndorf eingesetzt ist, ein Schreiben vor. Er hat sich, auch nach Rücksprachen mit den Postillionen Roth und Arnold – aus den Unterlagen ist nicht ersichtlich, ob diese die Strecke Roßtal–Ammerndorf oder eine andere Linie fuhren –, über den Betrieb der Fahrtverbindung gründlich informiert, bringt als Ergänzung zum Schreiben der Gemeindebürger auch die Vorteile des geänderten Zeitplanes zur Sprache, die darin bestehen, daß die Reisenden in die Lage versetzt werden, früh den Anschluß an die Kursfahrt Cadolzburg–Großhabersdorf zu erreichen, sowie den günstigeren Postein- und -abgang zu den Kursen. Er schreibt weiter, daß er nach seiner Beförderung zum fahrenden Postboten bereit wäre, zu den bestehenden Bedingungen die Karriolpostverbindung dreimal täglich, entsprechend dem Wunsche der Bevölkerung, zu betreiben.

Die Generaldirektion München lehnt jedoch im Hinblick auf den „geringfügigen Postverkehr des Pfarrdorfes Ammerndorf“ die Einrichtung einer täglichen dritten Fahrt ab.

Die Ausgaben steigen und zwingen die Postverwaltung dazu, die Entschädigung des Poststalles Roßtal ab 1. Mai 1908 auf 1680 Mark jährlich zu erhöhen.

Wirtschaftliche Überlegungen veranlassen die Generaldirektion in München im Januar 1910 zu einer Neufestsetzung der Postkurse hier. Von den Änderungen sind die Postställe Roßtal und Cadolzburg betroffen.

Ammerndorf wird ab 1. August 1910 nun täglich einmal vom Poststall Heilsbronn über Großhabersdorf nach Cadolzburg und zurück versorgt. Anschluß an die Eisenbahnverbindungen bestehen, wie schon eingangs erwähnt, in Cadolzburg und in Heilsbronn.

Die Kündigung des mit dem Poststallhalter Johann Georg Birnbaum geschlossenen Fahrvertrags wird mit Ablauf des 31. Juli 1910 wirksam und der Poststall Roßtal aufgelöst. Gleiches Schicksal widerfährt dem Poststall Cadolzburg.

Die zehn Jahre bestehende Pferdepostverbindung Roßtal–Ammerndorf fand damit ein Ende.




Dieter Koerber

Pest, Pocken und Ruhr

Eine Chronik des Elends aus den Roßtaler Sterbebüchern

Im „Cadolzburger Luginsland, Mitteilungsblätter des Heimatvereins Cadolzburg u. U. e.V.“, Nr. 2/1980 berichtet Hans Werner Kreß vom Pestjahr 1585 in Cadolzburg. Insgesamt waren es 193 Sterbefälle, darunter 155 Pesttote, während die durchschnittliche Sterbequote in diesen Jahren mit 35 Toten pro Jahr anzugeben ist. Die Zahlen und der Verlauf der Pest zeigen eine auffallende Ähnlichkeit mit der Pestwelle, die in der gleichen Zeit unsere Gemeinde heimsuchte. Man kann einen nahezu parallelen Verlauf feststellen, bei einem Monat Verschiebung. Die offenbar fast gleichen Einwohnerzahlen beider Orte erleichtern noch den Vergleich:


MonatJuniJuliAug.Sept.Okt.Nov.Dez.Jan.86Pest-
tote
Tote
insg.
Cadolzburg11185347296-155193
Roßtal-14224833298145 190

Siebzehn Jahre später finden wir von August bis Dezember 1603 wieder 21 Pesttote im Sterbebuch verzeichnet. Bei einer Gesamtsterbeziffer von 85 in diesem Jahr dürfte der tatsächliche Anteil der an der Pest Gestorbenen eher noch höher gelegen haben.

1607 schreibt Pfarrer Sebastian Schuler in sein Sterbebuch: Die Michaelis coepit saevire pestis (Am Michaelistag, 29. September, begann die Pest zu wüten). Leider hat er dann bei den einzelnen Sterbefällen die Todesursache nicht vermerkt, doch läßt die hohe Zahl von 30 Beerdigungen im letzten Vierteljahr 1607 und 19 bis Ende Februar 1608 den Verlauf der Seuche erkennen.

Die Notizen in Rohns Heimatbuch von Roßtal und Umgebung, S. 51, Z. 4 f. und Z. 9 ff. sind weitere Zeugnisse für das Auftreten der gefürchteten Seuche in unserer Gemeinde:

So wurde 1637 Hans Baßler „bei grassierender Pest, weil schon infiziert als Totengräber und Mesner zugleich, aufgestellt“ und der 1674 als Mesner angestellte Michael Groß bekommt eine Belohnung aus der Kirchenstiftungskasse für „Verjagung der Hunde aus dem Kirchhof bei grassierender Pest“.

Im 18. Jahrhundert zeigen die Kirchenbücher immer wieder das Auftreten einer nicht mindergefährlichen Seuche: Seit 1740 tauchen als Todesursache immer wieder die Blattern auf, die unter der Bezeichnung Pocken bis in unsere Zeit noch Anlaß sind zur gesetzlichen Schutzimpfung der Säuglinge und der Zwölfjährigen.

Herausragend für das Auftreten der Blattern in Roßtal sind die Jahre 1740 mit 4, 1743 mit 18 und 1777 mit 10 notierten Todesfällen. Im ersten Halbjahr 1800 haben die Pocken gar 58 Personen, zumeist Kinder, hingerafft. Die seit 1796 bekannte, aber erst seit 1874 im Deutschen Reich gesetzlich vorgeschriebene Pockenimpfung hat die Seuche in unseren Breiten praktisch verschwinden lassen.

Die Kirchenbücher lassen uns noch eine dritte sich seuchenartig ausbreitende Infektionskrankheit erkennen: die Ruhr. So taucht 1740 bei insgesamt 92 Todesfällen 17mal die Todesursache „Rote Ruhr“ auf. 1741 sterben 13 Personen „an der Ruhr“. Die Zahlen werden noch übertroffen im Jahre 1772: Die hohe Zahl von 119 Bestattungen in einem Jahr ist Anlaß, genauer hinzusehen. Zunächst findet sich 22mal die Formulierung, gestorben „an der grassierenden Seuche“, oder auch nur „an der Seuche“. Dann scheint man den Namen der Seuche gefunden zu haben: 26mal lesen wir noch verstorben „an der Ruhr“.

Der Chronist kann hinterher lediglich Zahlen aufstellen. Daß sich hinter diesen Zahlen ein unendliches Leiden verbirgt, wird in der nüchternen Aufzählung nur selten deutlich. Ob die gute alte Zeit wirklich so gut war? Man stand diesen Krankheiten, die ja heute bei uns als Epidemien praktisch undenkbar sind, hilf- und ratlos gegenüber und mußte sie eben als ein Schicksal hinnehmen. Wer wußte schon etwas von Bakterien und Viren, von Desinfektion und Hygiene.

Ein beinahe freundlich erscheinender Brauch hat sich bis in die Mangeljahre des Zweiten Weltkrieges erhalten. Bei der Beerdigung wurde den beiden Pfarrern und dem Kantor auf einem Teller je eine Zitrone gereicht, die durch ihren Duft und ihre Säure vor der Krankheit schützen sollte.

Nachtrag: (Aus einer Anzeige der Pharma-Forschung, 9. Okt. 81)
Am 22. Oktober 1977 erkrankte der somalische Koch Ali Maow Maalin an Pocken. Als er Ende November wieder gesund war, gab es auf der ganzen Welt keinen einzigen Pockenkranken mehr. Und bis heute hat es, abgesehen von einer Laborinfektion, keine weiteren Fälle mehr gegeben. Damit war ein jahrelanger Kampf gegen die Pocken gewonnen.