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Öffnung des durchschossenen Turmkopfes

Öffnung des durchschossenen Turmkopfes
am Freitag, dem 29. Oktober 1982
Foto: Knut Meyer/FN

Dieter Koerber

Dokumente aus der Kugel des Kirchturms der St.-Laurentius-Kirche

Am Freitag, dem 29. Oktober 1982, wurde in Gegenwart des Kreisheimatpflegers und Vertretern des Landbauamtes Nürnberg, der Marktgemeinde, der Kirchengemeinde, der Schulen und des Heimatvereins die Turmkugel geöffnet.

In ihr fanden sich zwei Kapseln, eine mit Nachrichten von 1818, 1854, 1885 und 1936, eine zweite von 1936 mit Bericht und Zeitungen sowie etwa zehn Roßtaler Ansichtskarten, die von der Ortsgruppe der NSDAP beigefügt wurden.

Die wichtigsten Dokumente aus der ersten Kapsel seien im Wortlaut mitgeteilt.

Foto: Knut Meyer/FN

I. 1818:

Einige Notizen
welche Unterzeichneter in den Kirchthurm Knopf schriftlich beizulegen für nöthig findet und welches in unseren Zeitalter bemerkenswerth ist. Am 18. Mail 1817, als am Sonntag Exaudi hat das Wetter in unseren Kirchthurm geschlagen, jedoch nicht gezündet, aber doch das ganze Dach beschädiget. Es wurde demnach von hiesigem Ort auf Repratur angetragen, welche Reprationskosten inklusive des Wetter Ableiters und des Flaschner, die Kuppen neu mit weißen Blech zu bedecken. Die Kosten machen 1387 fl, 30 kr. Dann wurde noch auf Repratur des Knopf und Fahne angetragen, welches zu vergolden 55 fl gekostet und welches zur Hälfte von den im Verzeichnis beiliegenden Gemeindegliedern freiwillig gezahlt worden.

Am 18. August wurden Knopf und Fahne wieder aufgesteckt. Die Arbeitsleute bei der Repratur waren

  1. Maurer Meister Jakob Steigmann und Georg Steigmann; Gesell Thomas Wießerner
  2. Zimmermeister Georg List und Gesell Heinrich Link von Hier
  3. Flaschnermeister Wengert, Gesellen Johann Schwamer und Johann Haußleiter aus Nürnberg
  4. Mechanicus oder Wetterableitermacher Boeck aus Ansbach und Jakob Spranger, dessen Gehilfe und Thomas Frank.

Zu dieser Zeit war Wilhelm Weiß Bürgermeister, Friedrich Kandel, Joseph Lämmermann, Kaspar Helmreich und Georg Knoth Munizipalrath, Johann Gg. Stumpf Gemeindediener.

Im Jahr 1807 wurde hier eine Compagnie Landwehr errichtet, der jetzige Hr. Hauptmann ist Paulus Fischhaber, OberLieutenat Konrad Nüchterlein, Lieutenat Georg Steigmann.

Die Heiligenpfleger sind Jacob Steigmann und Konrad Nüchterlein.

Im Jahr 813 ist durch den Apostel Bonifacius die christliche Religion zuerst nach Roßstall – (oder damals Rosedal, Rosendahl oder Horsedal, wie es solle geheißen haben) gebracht worden. Anno (?) 950 war es eine Stadt von 2 stunden länge, wurde aber von Ludwig dem Baier, in Unruhe mit seinem Sohn Otto durch die ... und Macedoniern zusammengeschossen bis auf die Kirche daher daß hiesige Wappen als sprechendes Wappen solches noch deutlich zeuget. Anno 1355 am 20. Aprill erhielt Roßtall von Kaiser Karl V. die Rechte und Freiheit wie Nürnberg, von welchen aber bisher kein gebrauch gemacht wurde.

Roßstall gehörte einst den Herzögen von Baiern bis 1158, wo es an die von Heideck kam, von denen erkauften es die Burggrafen von Nürnberg, ohngefähr um das Jahr 1238. von diesen kam es an die Markgrafen von Ansbach und Anno 1792 kam es unter Königl. preusische Regierung bis Anno 1806 den 24. Februar wurden wir baierisch und selbigen Tags kamen noch die Franzosen ins Kantonierungsquartier welche da blieben biß den 13. Sept. wo selbige gegen Preußen ins Feld zogen. Im Jahr 1812 kam der Feldzug gegen Rußland aus, wo auch acht Mann junge Pursche von hier unter Baier. Militär mitzogen und daselbst umkamen, hierauf fing die Retraide an (Retraite = Rückzug) dann sahen wir verschiedene Militair als Spanier Potugiesen Italiener Neapolitaner u. d. gl. endlich aber kamen die Rußen – in einer Woche hatten wir 130 Officier und bey 2600 Mann Rußen in Quartier über Nacht. Die Einquart.-Kosten vom Jahr 1806-1814 betragen 42000 fl. Wie schwer es jedem Einwohner gefallen, können unsere Nachkommen denken.

der Zeit halben kann ich nicht mehr bemerken.

Doch um unseren Nachkommen etwas zu hinterlassen, hat euch dieses angemerkt
Georg Konrad Nüchterlein
dermalen 35 Jahr alt und Heiligenpfleger.

Nachtrag

Im Vorigen Jahr war eine große Theuerung wo das

Scheffel Korn kostete68 fl
Scheffel Waizen kostete90 fl
Scheffel Gerste kostete68 fl
Scheffel Haber kostete22 fl
der Nürnberger Mezen Erdbirn  1 fl,12 kr
das Pfd Schweinefleisch30 kr
das Pfd Rindfleisch17 kr

(Unter der Liste der Spender fand sich noch folgender Nachtrag:)

Im Jahre 1807 ist dahier das Bürger Militaer neu erricht worden, als Hauptmann Weiß und Paulus Fischhaber als Leitenant und Friedrich Kandel.

Im Jahre 1806 am 24. Februar sind die Franzosen hier eingerückt, hat damals der erste Markt gehalten werden sollen, ist aber durch dieses wieder zergangen.

der ganze Kostenbetrag der Rebratur mit den Knopff und der Fahne sich beläuft auf 1400,-

worzu die hiesige Pfarrgemeinde hat beitragen müßen 387 fl, 13 kr zum Knopf und Fahne freiwillig.

Roßtal den 17. August 1818, Welches von der hiesigen Municipallitaet unterzeichnet

Eberhard Pfr. Weiß, Bürgermeister.
Kandel. Lämmerman, Helmreich. Knoth.

II. 1854:

Anmerkung
am 26. Febr 1854 wurde durch Windsturm die Fahne und Knopf von hiesigem Kirch-thurm heruntergerissen und beide Theile bedeutend geschädigt, auch der hölzerne Stock, wo die Helmstange befestigt war ist schadhaft gewesen, welches der eigentliche Grund war, das durch Sturmwind leicht möglich war. Diese beiden Theile, Knopf und Fahne mußten daher wieder reparirt werden, auch das blecherne Dach wieder ausgebessert werden. Die Helmstange wurde bei dem Hammerschmied Bischoff in Keitenzell umgearbeitet mit einem Kostenaufwand von 86 fl 6 kr.

Der Knopf und Fahne wurden von dem Flaschnermeister Lorenz in Kadolzburg reparirt und das Blechdach von demselben ausgebessert.

Der Knopf und Fahne wurden von dem Maurermeister Lohner in Kadolzburg wieder vergoldet und der Blitzableiter durch den Mechanicus Heidingsfelder hergestellt. Zur Vergoldung des Knopf und Fahne wurde laut verschiedener Verzeichniß freiwillig von den Pfarrgemeindegliedern beigetragen, Maurermeister Leonhard Steigmann und Mathias Eckstein und Zimmermeister Heinrich Link, dahier haben aufgerüstet und Knopf nebst Fahne heute den 12. Aug. 1854 aufgestellt.

Die Reparaturkosten wurden unter Aufsicht der Kirchenverwaltung und ausgeführt, worüber die Protocolle in den treffenden Akten bewahrt (?) sind. Die Mitglieder der Kirchenverwaltung hierorts sind außer dem Vorstand folgend.

Stiftungspfleger Nüchterlein, Georg Christoph; Steigmann, Johann Leonhard; Meyer, Johann Thomas; Gruber, Andreas; Heinlein, Johann Michael.

Die Kirchenverwaltung Roßstall
Huhne, Pfarrer
Christoph Nüchterlein, Stiftungspfleger

2. Chron. 6,14–42
Ja Herr, Du allmächtiger und treuer Gott! Laß deine Augen offenstehen über dieses Haus wo deines Namens Ehre wohnet und halte deine Gnadenhand ferner über uns und alle, daß unsre Herzen dirgeheilgt bleiben, damit wir einst würdig werden einzugehen in das himmlische Jerusalem um Jesu Christi deines lieben Sohnes unseres Herrn und Heilands willen. Amen!

III. 1885

Geschichtliche Nachrichten über die Herstellung des Thurmknopfes und der Thurmfahne an der Pfarrkirche in Roßstall.

In der Nacht vom 9. auf den 10. Nov. 1884 wurde durch einen ungewöhnlich heftigen Sturmwind die Laterne und die Säule an der Kuppel des Pfarrthurms so stark beschädigt, daß fast die ganze Blechabdeckung derselben herabgerissen wurde. Durch Beschluß der Kirchenverwaltung vom 12. Jan 1885 wurden die notwendigen Arbeiten im Anschlag zu 550 M mit Genehmigung des K. Bezirksamtes Fürth vom 16. Jan 1885 Thurmdeckermeister Joseph Wunderlich vonn Auerbach übertragen, welcher dieselben auch zur größten Zufriedenheit der Verwaltung ausführte. Die Kosten wurden mit Erübrigungen der Kirchenstiftung gedeckt.

Da sich bei dieser Gelegenheit ergab, Daß die Blitzableitung am Thurme schadhaft war, während die Leitung längs des Dachfirstes noch ziemlich gut war, so wurde durch den genannten Meister die Blitzableitung am Thurme neu hergestellt.

den Vorteil dieser Maßnahme hat die Kirchengemeinde bald darauf erfahren dürfen. Am 1. Juli 1885 schlug in die Kirche ein mit einem Flammenmeer umgebender Blitz gegen 5 1/2 Uhr Abends in den Thurm ein, zerriß die neue Leitung auf dessen Ostseite in viele Stücke und zerstörte die alte Leitung längs des Dachfirstes der Kirche vollständig, ohne weiteren Schaden zu tun.

Mit demüthigen Dank gegen Gott, der so tröstlich über dem ehrwürdigen Gotteshaus gewacht und durch seine schirmende Hand schweren Schaden von Thurm und Kirche ferngehalten hat, ging man an die Erneuerung der Blitzableitung an Thurm und Kirche, welche wiederum Meister Wunderlich sehr sorgfältig ausführte.

Mehrere Gemeindeglieder stellten der Kirchenverwaltung für den Fall daß der 1854 vergoldete Thurmknopf, der im Laufe der Jahre sehr schadhaft geworden war nebst der Fahne neu vergoldet würde, sehr erhebliche Gaben in Aussicht.

Da sich die Absicht allgemeiner Zustimmung erfreute, so wurde denn auch Vergolder Scheidig in Fürth beauftragt Thurmknopf und Thurmfahne passend zu renovieren.

Nachdem diese Arbeit in sehr gelungener Weise fertiggestellt war, so wurden heute den 11. August 1885 beide Gegenstände an ihre Stelle gebracht und zieren nunmehr den weithin sichtbaren Thurm unserer Pfarrkirche als ein weithin sichtbares Zeugnis der Opferwilligkeit eines sehr großen Theils der Pfarrgemeinde.

Gespendet wurden nach den eingelegten Verzeichnissen:

1. Von der Marktgemeinde Roßtal147,05 M
2. Von der Landgemeinde Gutzberg22,20
3. Von der Landgemeinde Weitersdorf37,05
4. Von der Landgemeinde Weinzierlein24,50
5. Aus Defersdorf0,50
In Summa 231,30
Hiezu noch von Großweismannsdorf   0,50
 231,80

Mitglieder der Kirchenverwaltung Roßtal sind gegenwärtig:

Lotzbeck, erster Pfarrer und Distriktschulinspektor, Vorstand
Link, Bürgermeister von Roßstall
Drach Johann
Peipp Georg
Bauer Friedrich
Winkler Wolfgang
Mitglieder derselben

Mitglieder des Kirchenvorstandes:

Lotzbeck, I. Pfarrer, Vorsitzender
Hecht, II. Pfarrer
Winkler Wolfgang von Roßstall
Peipp Georg
Drach Johann
Matth. Eckstein
Andreas Winkler von Clarsbach
Mich. Vogelhuber von Clarsbach
Georg Warnick von Kastenreuth
Peter Hörlein von Stöckach
David Hotter von Buttendorf
Konrad Gastner von Trettendorf
Konrad Vogelhuber von Oedenreuth
Friedrich Bauer von Roßstall

Kantor in Roßstall: Kaspar Walther

Meßner und II. Lehrer in Roßstall: Gottlob Rohn, welcher sich nebst dem Kirchenpfleger Winkler um das Ergebniß der Sammlung in Roßstall besonders verdient gemacht hat.

Das Bürgermeisteramt bekleidete:

  1. Joh. Georg Link, Zimmermeister in Roßstall
  2. Michael Heckel, Bauer in Gutzberg
  3. Georg Warnick, Bauer in Kastenreuth
  4. Michael Horneber, Privatier in Neuses
  5. Adam Schwab, Bauer in Kleinweismannsdorf

Zum Gedächtnis für unsere Nachkommen haben wir heute, den 11. August 1885, im 15. Jahr der glorreichen Regierung Sr. Majestät des Deutschen Kaisers Wilhelm I. und im 22. Jahr der Regierung Sr. Majestät König Ludwigs II. von Bayern vorstehende Urkunde unterzeichnet und in die auch die früheren Urkunden enthaltende Blechkapsel eingelegt.

Der Herr nehme unsere theuere Gemeinde in seine treue Obhut und lasse sie sich immer mehr erbauen und dem Grunde unseres allerheiligsten Glaubens zu einer Behausung Gottes im Heiligen Geiste!

Roßstall, den 11. August 1885

Die Kirchenverwaltung und der Kirchenvorstand

in deren Namen:

Lotzbeck, I. Pfarrer
Wolfgang Winkler, Pfleger
Johann Georg Link, Bürgermeister
Georg Peipp
Matthias Eckstein

IV. 1936

Die 1936 nötig gewordene Erneuerung der vor 51 Jahren hergestellten Abdeckung des Turmhelmes durch den hiesigen Flaschnermeister Konrad Bayn sollte unter Verwendung von Kupferblech geschehen. Das erforderliche Material wurde jedoch nicht freigegeben, da fast alles Kupfer z. Z. für Heereszwecke verwendet wird...

... Am 15. Juli 1933 ist die Verfassung der Deutschen Evangelischen Kirche in Kraft getreten...

... Durch die unkirchlichen Maßnahmen des von der Generalsynode im Jahre 1933 gewählten Reichsbischofs Ludwig Müller ist aber in der Deutschen Evangelischen Kirche eine solche Verwirrung und Zerstörung angerichtet worden, daß der Reichsbischof durch den vom Staat (?) zur Ordnung der kirchlichen Verhältnisse eingesetzten Reichskirchenausschuß unter dem Vorsitz des nahezu 80jährigen D. Zöllner entmächtigt werden mußte.

Im nachgewiesenen Gegensatz zur Reichskirchenverfassung erstrebt die Bewegung der Deutschen Christen, insbesondere soweit sie von Thüringen ausgeht, die Errichtung einer Nationalkirche, welcher schließlich ohne Rücksicht auf das Bekenntnis alle Deutschen angehören sollen. Daher steht die Evangelische Kirche z. Z. in schwerem Kampf um die Erhaltung des ihr durch die Reformation anvertrauten lauteren Evangeliums. Als ein standhafter Bekenner und Vorkämpfer des reinen Wortes ist in Deutschland und weit darüber hinaus der 1933 gewählte bayerische Landesbischof D. Meiser geachtet. Kreisdekan in Nürnberg ist Oberkirchenrat Schieder, Vorstand des Kirchenbezirks Fürth Dekan Fürst. Erster Pfarrer in Roßtal ist seit nahezu sechs Jahren Otto Sperl ...

... Zum zweiten Pfarrer ist soeben Friedrich Bomhard, Pfarrer in Weihenzell ernannt worden ...

... bis zum Jahre 1933 gehörten dem Kirchenvorstand an:

Johann Warnick, Bürgermeister in Kastenreuth; Adam Eckstein, Altsitzer in Roßtal; Johann Kandel, Bauer in Buttendorf;Andr. Keller, Bauer in Clarsbach; Joh. Schuhmann, Bauer in Roßtal; Joh. Peipp, Bauer in Roßtal; Joh. Schmidt, Bauer in Weitersdorf; Peter Hemmeter Schneidermeister in Roßtal. Seit 1933 sind neben Joh. Schuhmann, Ad. Eckstein, Joh. Warnick und Andr. Keller Kirchenvorsteher: Peter Kreiselmeyer, Handelsmann, Adolf Rohn, Hauptlehrer; Hans Blümlein, Schreinermeister, sämtlich in Roßtal, außerdem Hans Horneber, Bürgermeister-Kernmühle, Heinrich Schmidt, Oberlehrer in Großweismannsdorf, Georg Winkler, Bauer in Oedenreuth.

Bürgermeister in Roßtal ist Jakob Friedrich Flachenecker, in Buchschabach Johann Gastner, in Großweismannsdorf Georg Lei hold. Der Organistendienst in Roßtal wird von den Hauptlehrern Hans Fuchs und Adolf Rohn, in Buchschwabach von Schulrat Wilhelm Hammerbacher versehen.

Im Jahre 1935 wurde in der Pfarrkirche eine Zirkulationsluftheizung eingerichtet. Bei den Grabungen wurde der östliche Abschluß des romanischen Kirchenschiffes und der Krypta, außerdem im Schiffe der Kirche ein unter dem Pflaster verborgener mittelalterlicher Altar freigelegt ...

... In dem 1929 erbauten neuen Schulhause in Roßtal wirken acht Lehrer und Lehrerinnen.

Der mehrfach durchschossene Kirchturmknopf, in welchem vorstehende Nachrichten untergebracht werden, ist 1818, 1854, und 1885 vergoldet worden. Die Vergoldung wird von Kirchenmaler und Vergolder Franz Wiedl in Nürnberg erneuert. Die Wetterfahne ist von Flaschnermeister K. Bayn abgehoben und wieder instandgesetzt worden.

Pfarrverweser Schwaegle aus Ulm ist der Kirchengemeinde für 4 Monate zugeteilt, ein Ausdruck des Strebens nach Einheit in den deutschen lutherischen Landeskirchen.

Psalm 90,1+2

Otto Sperl, Pfarrer Horneber, Kernmühle Bürgermeister von Weinzierlein Johann Warnick, Kastenreuth Bürgermeister Andreas Keller, Clarsbach Winkler Oedenreuth Schmidt F. Schwaegle, Pfarrvw., Austauschvikar Eckstein, Kirchenpfleger (83 Jahre alt) Schuhmann Adolf Rohn, Hauptl. Hans Blümlein, Schreinermeister Peter Kreiselmeyer, Viehkomm. Scripsit Otfried Sperl, st. theol.


Dieter Koerber

Frankenmuth, 1978: Ausstellung für einen Roßtaler Auswanderer von 1846

Auf der Suche nach Dokumenten zur Geschichte Frankenmuths besuchte der Direktor des Historischen Museums Frankenmuth, Herr Carl R. Hansen, zusammen mit Herrn Dr. Marvin Engel Ende Januar dieses Jahres auch Roßtal. Wir erinnern uns des gutbesuchten Lichtbildervortrages am Freitag, dem 28. Januar. Die beiden Herren übergaben uns einen Ausstellungskatalog mit Zeichnungen und Bildern von Johann Adam List aus Roßtal.

Johann Adam List ist am 25. Dezember 1814 in Roßtal geboren, als Kind des Zimmermeisters Johann Georg List und seiner Ehefrau Kunigunde, geb. Bierlein, aus Buchschwabach. Das Elternhaus hatte die alte Hausnummer 77 (heute Bäckerei Heckel, Rathausgasse) und lag somit nicht weit vom „Zimmerplatz“ entfernt. List erlernte, wiesein Vater, das Zimmerhandwerk. Am 8. 4.1838 heiratete er Margarethe Müller von Roßtal. 1840 ist er Jungmeister des Zimmerhandwerks. 1846 wandert er mit 18 Roßtaler Familien in der zweiten Welle der Auswanderer nach dem ein Jahr vorher gegründeten Frankenmuth aus. Die Familie hatte inzwischen fünf Kinder. (Leonhard, geb. 1837; Sophia Barbara, 1838; Maria, 1840; Johann Jakob, 1842, und Johann Michael, 1844.) Als Zimmermeister war er in Frankenmuth der Erbauer vieler Holzhäuser, auch der ersten Fachwerkkirche (1852) und der hölzernen gedeckten Brücke über den Cass-River. Daneben versah er vielerlei Ehrenämter in der Stadt und der Kirchengemeinde. Er starb 1874.

Ein Enkel Lists übergab dem Museum in Frankenmuth eine Anzahl von Bildern, Zeichnungen und Skizzen, von denen 35, zu einer Ausstellung vereinigt, 1978 in Frankenmuth und an zwei anderen Orten zu sehen waren.

Abb. 1

Abb. 2

Abb. 3

Ein Teil der Bilder hatte schon die Reise über den Ozean mitgemacht, sind also in Roßtal entstanden. Neben offensichtlichen Kopien finden sich Studien über Architekturstücke und immer wieder Skizzen, die ein Studium der Proportionen des menschlichen Körpers verraten.

Von besonderem Interesse für Roßtal ist die Zeichnung eines männlichen Kopfes (Abb. 2). Die Ähnlichkeit der naiven Ausführung weckte die Erinnerung an das in Roßtaler Privatbesitz befindliche Bild des (späteren) Maurermeisters Matthias Eckstein, 1814–1889. Die Nachprüfung ergab, daß es tatsächlich die Signatur trägt: Gemahlt (!) von Johann Adam List, 4. März 1837 (Abb. 3).

Das Bild des gleichaltrigen Schulfreundes und Kollegen im Bauhandwerk hat also auch in Roßtal die Spur des in Amerika zu späten Ehren gekommenen Auswanderers erhalten.


Alfred Steinheimer

„… Bewahrt das Feuer und das Licht …“

Die Macht des unbezähmten Feuers wird in der Literatur wohl kaum eindringlicher und dramatischer geschildert als in Schillers „Lied von der Glocke“, und es war sicher so, daß das einem Gemeinwesen drohendste Unglück – nächst dem Kriegsgeschehen – der Ausbruch eines Brandes war.

Begünstigt durch die Bauweise in alter Zeit, besonders auf dem Lande, wo man vornehmlich die ausgefachte Holzkonstruktion und als Dachdeckung das Stroh oder die Holzschindel kannte, hatten Brände eine oft verheerende Wirkung. Abgesehen von Blitzschlag und der Selbstentzündung von Heu oder Getreide war, was bei den lange Zeit offenen Feuerstätten und beim Gebrauch von Kienspan, Talg und Öl als Materialien für die Beleuchtung auch nicht verwunderlich erscheint, die Ursache solcher Feuersbrünste der oft sorglose Umgang mit diesen Dingen. Erschwerend dazu kam, daß durch die geringen Wasservorräte im Haus entstehende Brände oft nicht im Keime erstickt werden konnten. So ist auch zu verstehen, daß in den Städten wie auch auf dem Lande der Nachtwächter beim Ausrufen der Stunden immer wieder auf die Gefahr im Umgang mit Feuer hinwies.

In einem vor fast zweihundert Jahren herausgegebenen Bändchen wendet sich der Autor in einem mit „Feuer-Kathechismus für Junge und Alte“ betitelten Abschnitt an seine bäuerliche Leserschaft.

Die Hinweise in den einzelnen Punkten sind allein schon deshalb interessant, weil sie einen Einblick in den Tagesablauf vermitteln. Gefahr bestand offenbar schon bei der aufwendigen Prozedur des Feueranmachens, denn damit beginnt die Unterweisung:

„Beym Feueraufschlagen habe Acht, daß Zunder und Schwefel recht ausgelöscht wird. Thue nicht zuviel Schwefel oder Zunder ins Feuerzeug, und beim Zunder-Einbrennen nimm nur einen kleinen Lappen auf einmahl, thue es auch lieber des Morgens als des Abends...“

(Als Hinweis mag dienen, daß diese umständliche Form des Feuermachens über sehr lange Zeiträume die gleiche blieb: Man schlug zwei Feuersteine aneinander, später wurde einer der Steine durch Stahl ersetzt, und ließ die Funken auf Zunder fallen, eine Pilzart, die an Laubbäumen wächst. Der Zunder, später ein Schwefelfaden, begann zu glimmen und mit Hilfe von leicht brennbarem Material wie getrockneten Pflanzenstengeln oder Holzspänen ließ sich dann ein Feuer entfachen.)

Der nächste Punkt der Ermahnungen ist der Beleuchtung gewidmet, die in ihrer Lichtwirkung sicher dürftig, aber von der Handhabung her besonderes Augenmerk verdiente.

„Ein brennendes Talglicht, einen Span, oder Holz-Schleisse laß nicht lange allein, und wenn du des Nachts Licht brennst, so setze es in einen irdenen Topf oder Schüssel und so, daß Hunde, Katzen und Mäuse nicht dazu kommen können. Ein Hängelicht hänge nicht an einen Bindfaden, sondern an Eisendraht auf, und drehe die Flamme allezeit abwärts von dem Balkon, an dem es hängt.“

Auch dem Raucher werden Verhaltensweisen empfohlen, die heute zum Teil ein wenig belustigend wirken.

„Die Tabackspfeiffe laß nicht beym Rauchen zum Fenster hinaus hängen, und habe Acht, wo du sie ausklopfest. Gehe nicht damit in Scheuren, Ställe und auf Dachböden, in Kammer, wo Flachs, Werrig und dergleichen liegt, auch nicht durchs Dorf, wenn gleich ein Deckel auf der Pfeiffe ist: denn kleine Funken können durch den Deckel fallen.“

So wird ein Punkt nach dem anderen im „Feuer-Kathechismus“ abgehandelt, und zum Schluß kommt der Rat:

„Auf Hochzeiten und anderen Schmausereyen, wo es bunt übergeht, mußt du eine verständige Person ausdrücklich dazu bestellen, daß sie umhergeht und auf Feuer und Licht Acht hat...“

Auch die Obrigkeit kümmert sich um die Einhaltung von Vorschriften für die Abwendung von Brandschäden, wie aus dem königlichen Erlaß von 1807 ersichtlich.

Eine Laterne mit einem "„wohlverwahrten Kerzenlichte“" im Sinne der königlichen Anordnung ist im Heimatmuseum ausgestellt.

Aus all den Hinweisen und Bestimmungen spürt man deutlich die Sorge um Leben, Hab und Gut, war doch vor Einführung einer Versicherung gegen Schadenfeuer ein Brandfall für den nur wenig Besitzenden gleichbedeutend mit einem Leben am Bettelstab. Die Hilfe des Landesfürsten beschränkte sich nicht selten auf das Ausstellen von Sammelbriefen, mit denen den Geschädigten amtlicherseits der Feuerschaden bestätigt wurde und die als Ausweis für das Betteln galten. (Noch 1866 beim Einsturz der Schloßmauer in Roßtal, der sieben Menschen das Leben kostete, bekamen die betroffenen Familien die Genehmigung, im Bezirksamt [heute Landkreis] zu sammeln.)

Da Not bekanntlich erfinderisch macht und das Gefühl für Mitmenschlichkeit häufig erst das Unglück als Auslöser benötigt, gab es Ansätze für die Idee einer Feuerversicherung schon im Mittelalter. Es waren dies örtliche Genossenschaften, sogenannte „Brandgilden“, deren Mitglieder sich zur gegenseitigen Hilfe in Unglücksfällen auch in Brandfällen verpflichteten.

Aus dieser Hilfe auf Gegenseitigkeit entstanden im 17. Jahrhundert im norddeutschen Raum eine Reihe von Feuerversicherungsanstalten. Die erste Brandversicherung im süddeutschen Raum wurde am 10. Juli 1754 von Markgraf Carl Wilhelm Friedrich (1712–1757) als „Brand-Assecurations-Sozietät“ in Ansbach begründet.

Wie sehr bereits bei der Verteilung der Lasten auf die Versicherten der Begriff des Risikos beachtet wurde, läßt sich daraus ersehen, daß der Wunsch des Fürstentums Bayreuth, sich der ansbachischen „Sozietät“ anzuschließen, mit dem Hinweis auf die weniger gute Bauweise dort von der Regierung in Ansbach abgelehnt wurde.

Im Jahre 1769 wurden beide Fürstentümer vereinigt und ein Jahr später gründete man in Bayreuth eine eigene Versicherungseinrichtung.

Mit der Einverleibung der Markgrafenschaft Ansbach 1806 in das Königreich Bayern blieben diese „Sozietäten“ weiter bestehen, wobei innerhalb des Königreiches in den verschiedenen Landschaften unterschiedliche oder gar keine Anstalten dieser Art existierten.

Im Februar 1811 kam es dann zu einer Vereinigung aller Brandversicherungsgesellschaften, zu einer allgemeinen Anstalt für ganz Bayern, der heute noch bestehenden „Bayerischen Landesversicherungsanstalt“.

Daß auch so vordergründig segensreiche Einrichtungen nicht immer den ungeteilten Beifall finden, läßt sich aus Art. 6 des königlichen Dekrets ersehen. Die neue Brandversicherungsordnung ließ einen freien Ein- und Austritt der Versicherten zu, ließ aber auch erkennen, daß alle, die nicht eintreten, im Falle eines Brandunglücks weder einen Steuernachlaß noch freies Holz aus dem Staatswald noch Darlehen aus öffentlichen Mitteln erwarten können.

Auch sollten keine „Brandsammlungs-Patente“ und keine Zeugnisse über erlittene Brandschäden ausgestellt werden.

Unsere Gebäude sind brandsicherer geworden. Zahlreiche Bundes- und Landesgesetze regeln den vorbeugenden Brandschutz; aber alle diese Auflagen und Bestimmungen haben den „Roten Hahn“ nicht aus den Dörfern und Städten verbannen können. Unachtsamkeit, Fahrlässigkeit und zündelnde Kinder sind noch immer die Hauptursache von Schadenfeuern, wie vor zweihundert Jahren schon geschrieben, und der Ruf des Nachtwächters, gäbe es ihn heute noch, hätte mit seinen Hinweisen auf den Umgang mit Feuer und Licht nach wie vor seine Berechtigung.

Literatur und Fundstellen:

Noth und Hilfsbüchlein für Bauersleute 1789
Königlich-Baierische Regierungsblätter 1807, 1811
Schuhmann: „Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach 1980“